Umgang mit der Krankheit
Wer an einer Histaminose leidet, muss seine Lebensweise je nach Ursache und Schweregrad der Erkrankung oft stark anpassen und droht sich dabei von vielen geselligen Anlässen auszugrenzen. Viele Entbehrungen müssen aber nicht unbedingt sein. Mit zunehmender Erfahrung wird man einen Umgang mit der Krankheit finden, der wieder ein weitgehend normales Leben ermöglicht.
Auswärts essen, Restaurantbesuch
Für unsere Mitglieder haben wir eine Gastrokarte (foodcard) mit einer Kurzanweisung für Köche erstellt, um den Restaurantbesuch zu erleichtern. Diese "Bitte an den Koch" umfasst eine gut überschaubare A4-Seite und erspart Ihnen lange Erklärungen.
Gastrokarte_HIT.pdf (31 KB, Version 26.11.2010)
In einer weiteren Version liegt diese Diätvorschrift auch als reine Positivliste vor:
SIGHI-Gastronomie-Positivliste |
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Gastrokarte mit Kurzanweisung und Auflistung erlaubter Grundnahrungsmittel. (100 KB, Version 2017-10-28) |
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Individuelle Anpassungen: Wir haben die Liste kurz und übersichtlich gehalten und nur Zutaten aufgeführt, die bei allen Typen und Schweregraden von Histaminose einigermassen gut verträglich sind. Deshalb fehlen möglicherweise etliche Zutaten, die Sie trotzdem vertragen. Sie können die Liste handschriftlich ergänzen mit weiteren restaurantüblichen Zutaten, auf die Sie nicht verzichten möchten. Was Sie auf Grund anderer Allergien oder Unverträglichkeiten nicht vertragen oder aus anderen Gründen ablehnen, streichen Sie am besten mit einem dicken schwarzen Filzstift oder mit Tippex von der Liste.
Eine Allergie kommt selten allein. Vielleicht möchten Sie Gastrokarten für individuelle Kombinationen mit weiteren Allergien, Unverträglichkeiten oder Essgewohnheiten erstellen. Diese Möglichkeit finden Sie bei anderen Anbietern, z.B. bei delicardo foodcards.
Haben Sie Verständnis, wenn ein Wirt abhängig von seinem Gastrokonzept oder von der momentanen Hektik in der Küche keine Möglichkeit hat, auf Ihre Sonderwünsche einzugehen! Für solche Fälle sollten Sie immer etwas Notproviant oder Medikamente dabei haben.
Nichtrauchen
Tabakrauch kann sich bei Histaminose (besonders bei Mastzellerkrankungen) negativ auswirken, sowohl bei aktiver wie auch bei passiver Exposition. Viele Reize - und dazu zählt auch Rauch - können unspezifisch Histamin freisetzen. Dr. med. Th. Wilhelm schreibt im Ärzteblatt über den Tabakrauch:
"Er ist eine der bedeutendsten Quellen für Histamin und andere biogene Amine und triggert unter anderem allergische Erkrankungen. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz passiv rauchender Kinder wird ohne genetische Prädisposition zu Atopikern (Asthma, Rhinoconjunctivitis allergica, Neurodermitis). Eine histaminarme Diät ist nach meiner Erfahrung bei Rauchern meist erfolglos.
Unverträglichkeitsreaktionen bei Hyposensibilisierungsbehandlungen können bei entsprechend prädisponierten Patienten durch histaminarme Diät und die damit verbundene Senkung des Histaminspiegels reduziert werden. Eine Hyposensibilisierungsbehandlung führt bei Rauchern durch den erhöhten Histaminspiegel zu einer erhöhten Nebenwirkungsrate und geringeren Erfolgsquote. Deswegen ist in diesen Fällen die Indikation streng zu stellen." [Higgins and Reh 2012; Wilhelm 2007]
Wir empfehlen Betroffenen (und auch allen anderen), sich das Rauchen abzugewöhnen und sich bevorzugt an rauchfreien Orten aufzuhalten, um sich vor dem Passivrauchen zu schützen. Seit dem 1. Mai 2010 gilt in der ganzen Schweiz ein Rauchverbot in Gastronomiebetrieben (welches aber Ausnahmen zulässt).
Stressbewältigung
Da auch Stress zur Histaminbelastung beiträgt, sollte man sich eine möglichst stressfreie Lebensweise angewöhnen und lernen, Stress an sich abprallen zu lassen. Machen Sie Ihrem Umfeld klar, dass Ihre Gesundheit Vorrang hat.
Schlaf
Bei Schlafstörungen (Einschlaf- und Durchschlafprobleme) sollte man in einem möglichst gut abgedunkelten Raum schlafen. Läden und Vorhänge schliessen, Lichtquellen abdunkeln. Grund: Histamin reguliert auch den Schlaf-Wach-Rhythmus [Williams et al. 2014, Rozov et al. 2014]. Der Hypothalamus ist mit dem Auge bzw. mit der Sehbahn verbunden und produziert bei Dunkelheit weniger von dem Transmitter Histamin und einem Peptid namens Orexin [Gestreau et al.].
Medizinische Untersuchungen und Behandlungen
Röntgenuntersuchungen mit Kontrastmitteln
Alle Röntgenkontrastmittel sind Histaminliberatoren, die starke Unverträglichkeitsreaktionen hervorufen können. Gegenmassnahmen, falls der Einsatz von Röntgenkontrastmitteln erforderlich ist: Den behandelnden Arzt und den Radiologen möglichst frühzeitig darüber informieren, dass man HIT/Mastozytose/MCAS hat und deshalb mit einer Unverträglichkeitsreaktion gegenüber sämtlichen Röntgenkontrastmitteln rechnen muss. Besprechen der medikamentösen Vorbehandlung mit Antihistaminika. Mindestens 1-2 Tage vor der Röntgenuntersuchung die Eliminationsdiät strikt einhalten. Rechtzeitig vor der Anwendung des Kontrastmittels die mit dem Arzt besprochenen Medikamente präventiv einnehmen (z.B. ein Antihistaminikum 2-3 h vorher) und evtl. später bei nachlassender Wirkung nochmals auffrischen.
Chirurgische Eingriffe, Zahnarztbesuch
Bei Spitalbehandlungen können sich unter Umständen mehrere Faktoren zu extremen Histaminbelastungen aufsummieren: Bereits der Unfallschock und allfällige seelische Belastungen, die ein Unfall auslöst (Konfrontation mit dem Tod, ungewisse Zukunft, drohende Arbeitsunfähigkeit etc.) setzen stressbedingt körpereigenes Histamin frei. Ebenso die Angst vor der Spitalbehandlung. Hinzu kommen Histaminfreisetzung durch Schläge, Stösse und Verletzungen (sowohl unfallbedingte Verletzungen wie auch der Schnitt mit dem Skalpell). Zusätzlich wirken die zumeist unverträglichen Medikamente, die einem verabreicht werden (Schmerzmittel, Anästhetika/Narkotika etc.) als Diaminoxidasehemmer, Methyltransferasenhemmer oder als Histaminliberatoren. Auch die Spritze beim Zahnarzt ist ein starker Histaminliberator.
Gegenmassnahmen:
- Den behandelnden Arzt / Zahnarzt / Anästhesisten möglichst frühzeitig darüber informieren, dass man HIT/Mastozytose/MCAS hat und deshalb mit Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber vielen Medikamenten oder (bei Mastzellerkrankungen) sogar mit anaphylaktoiden Reaktionen rechnen muss. Da anaphylaktoide Reaktionen auch erst viele Stunden später auftreten können, sollte man ein Notfallset griffbereit haben und sein persönliches Umfeld über dessen Anwendung instruieren, falls man plötzlich nicht mehr ansprechbar sein sollte.
- Besprechen der medikamentösen Vorbehandlung mit H1-Antihistaminika und evtl. weiteren Wirkstoffen (H2-Antihistaminika, Glukokortikoide, wenn nötig Benzodiazepine als Angstlöser).
- Mindestens 1-2 Tage vor der Behandlung die Eliminationsdiät strikt einhalten.
- Rechtzeitig vor der Anwendung des unverträglichen Mittels die mit dem Arzt besprochenen Medikamente präventiv einnehmen (z.B. ein Antihistaminikum 2-3 h vorher) und evtl. später bei nachlassender Wirkung nochmals auffrischen.
- Vitamin C (Ascorbinsäure) senkt den Histaminspiegel. Es sollte vom Vortag des geplanten Eingriffs bis 2 Tage danach in mehreren Dosen über den Tag verteilt eingenommen werden (z.B. 1 Messerspitze reines Vitamin C-Pulver pro Tag in einem Glas Wasser auflösen und immer wieder einen Schluck davon nehmen). Für schwere Fälle gibt es auch Injektionslösungen.
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Quellenangaben
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Gestreau | Gestreau C, Bévengut M, Dutschmann M. The dual role of the orexin/hypocretin system in modulating wakefulness and respiratory drive. CRN2M, CNRS, Department of Neurovegetative Physiology, University of Aix-Marseille (II-III), Marseille, France. Abgerufen am 27. September 2008. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18812827 |
H | Zurück zur vorherigen Stelle |
Higgins and Reh 2012 | Higgins TS, Reh DD.: "Environmental pollutants and allergic rhinitis". Curr Opin Otolaryngol Head Neck Surg. 2012 Jun;20(3):209-14. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22487789 |
R | Zurück zur vorherigen Stelle |
Rozov et al. 2014 | Rozov SV, Zant JC, Karlstedt K, Porkka-Heiskanen T, Panula P.: "Periodic properties of the histaminergic system of the mouse brain." Eur J Neurosci. 2014 Jan;39(2):218-28. doi: 10.1111/ejn.12397. Epub 2013 Nov 6. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24438489 |
W | Zurück zur vorherigen Stelle |
Wilhelm 2007 | Dr. med. Wilhelm, Thomas: "Tabakrauch ist bedeutende Histaminquelle", Deutsches Ärzteblatt 2007; 104(24). Leserbrief zum Beitrag "Die verschiedenen Gesichter der Histaminintoleranz – Konsequenzen für die Praxis" von Maintz, Bieber und Novak in Heft 51–52/2006. http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=56048 |
Williams et al. 2014 | Williams RH, Chee MJ, Kroeger D, Ferrari LL, Maratos-Flier E, Scammell TE, Arrigoni E.: "Optogenetic-mediated release of histamine reveals distal and autoregulatory mechanisms for controlling arousal." J Neurosci. 2014 Apr 23;34(17):6023-9. doi: 10.1523/JNEUROSCI.4838-13.2014. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24760861 |